„Warum reagieren wir zu langsam auf den Klimawandel?“

    Diese Frage in der Überschrift stellte Jens Beckert, Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln, und liefert ohne Umschweife die Antwort: „Moderne kapitalistische Gesellschaften können nicht anders: Wirtschaft, Staat und Bevölkerung arbeiten gegen die Natur.“

    Was eigentlich nur Überschrift ist, legt den Inhalt seines „Zeit“-Artikels vom November 2022 bereits komplett dar. Lesen sollte man ihn trotzdem, denn die Schnörkellosigkeit, mit der das Thema behandelt wird, ist wohltuend. So schreibt Beckert: „Moderne kapitalistische Gesellschaften setzen Anreize und weisen Machtstrukturen auf, die die Lösung des globalen Kollektivgut-Problems Klimawandel unmöglich machen, und zwar in der Wirtschaft wie im Staat wie sozial. … Denn die Klimakrise ist innerhalb der Strukturen von Gesellschaften, die kapitalistisch, demokratisch und konsumistisch verfasst sind, unlösbar.“
    Umwelt- und Klimaschutz scheitert an der Kostenfrage

    Obwohl hiermit eigentlich alles gesagt ist und der Artikel enden könnte, beleuchtet Beckert Versuche, das Schlimmste vielleicht doch noch zu vermeiden. Punkt eins: die Bepreisung von CO2-Emissionen.

    In den 1970er Jahren kamen Ökonomen auf diese Idee. Da in der kapitalistischen Wirtschaft die Profitmaximierung das einzige Motiv und Regulativ darstellt und die Berücksichtigung der Auswirkungen dieser Wirtschaftsweise auf das Wohl von Natur und Mensch prinzipiell ausgeschlossen ist, müssten klimaschädliche Produktionsweisen durch ein staatlich auferlegtes Abgabewesen verteuert werden. Dadurch würden Investitionen in eine naturverträglichere Richtung gelenkt.

    Viele fanden ausgesprochen pfiffig, den Kapitalismus sozusagen mit seinen eigenen Waffen in die Schranken zu weisen und installierten den Zertifikatehandel als „künstlichen Markt“. Heute ist zu konstatieren, dass dieser die an ihn geknüpften Erwartungen in keiner Weise erfüllt hat. Bereits auf der Weltklimakonferenz 2001 in Bonn warnte Eurosolar davor, dass er „den Wechsel zu einer emissionsfreien Energieversorgung lähmt, statt ihn voranzutreiben.“ (Hermann Scheer, Der Energethische Imperativ, S. 74). In der Tat sorgt die „Kopfgeburt“, die dieser Markt darstellt, nicht dafür, dass der Kapitalismus naturfreundlich wird, sondern subsumiert umgekehrt die Natur den kapitalistischen Kategorien. Verschmutzungs- oder Zerstörungsberechtigungen werden käuflich wie Waren und dadurch zu ehrenwerten Handlungen.

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    Quelle: https://www.pv-magazine.de